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Können Frauen im Islam das Amt einer Richterin übernehmen?

أعوذ بالله من الشيطان الرجيم، بسم الله الرحمن الرحيم

وَعَلَيْكُمُ ٱلسَّلَامُ وَرَحْمَةُ ٱللَّٰهِ وَبَرَكَاتُهُ

Frage:
Esselamu alejkum Ustadha, können Frauen im Islam das Amt einer Richterin übernehmen?
Bitte mit Belegen aus dem Qur’an und der Sunnah.

Alhamdulillah wa as-salatu wa as-salamu ‚ala Rasulillah

Zunächst ist es lobenswert, dass man sich bei Unklarheiten an eine wissendere Person wendet, um eine fundierte Antwort zu erhalten.
Ebenso ist es positiv, dass man explizit nach Beweisen aus dem Qurʾan und der Sunnah fragt.
Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass nicht für jede Rechtsfrage ein direkter Beleg aus dem Qurʾan existiert. Viele Urteile stützen sich ausschließlich auf die authentische Sunnah des Propheten, da nicht jede Angelegenheit im Qurʾan explizit geregelt ist. Da ein Muslim sowohl dem Qurʾan als auch der Sunnah gleichermaßen folgt, werden Belege aus der Sunnah entsprechend akzeptiert.

Allah, der Erhabene, sagt:

„O die ihr glaubt, gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten und den Befehlshabern unter euch! Wenn ihr miteinander über etwas streitet, dann bringt es vor Allah und den Gesandten, wenn ihr wirklich an Allah und den Jüngsten Tag glaubt. Das ist am besten und am ehesten ein guter Ausgang.“
(An-Nisa 4:59)

Weiterhin heißt es:

„Was nun der Gesandte euch gibt, das nehmt; und was er euch untersagt, dessen enthaltet euch. Und fürchtet Allah. Gewiss, Allah ist streng im Bestrafen.“
(Al-Haschr 59:7)

Ibn Majah überlieferte von Al-Miqdam bin Maadikarib Al-Kindi, dass der Prophet ﷺ sagte:

„Ein Mann wird sich auf seinem Sessel zurücklehnen und sagen: Zwischen uns und euch ist das Buch Allahs. Was wir darin als erlaubt finden, betrachten wir als erlaubt, und was wir als verboten finden, betrachten wir als verboten.
Ist es denn nicht so, dass das, was der Gesandte Allahs verboten hat, genauso verboten ist wie das, was Allah verboten hat?“

(Sahih Al-Jami‘ 8186, authentifiziert von Al-Albani)

Dies verdeutlicht, dass die Sunnah eine ebenso verbindliche Quelle für Rechtsurteile ist wie der Qurʾan.


Nun zu der Frage:

Basierend auf den Beweisen aus dem Qurʾan und der Sunnah vertreten die meisten Gelehrten die Auffassung, dass es Frauen nicht gestattet ist, öffentliche Ämter wie das Kalifat, Ministerämter oder das Richteramt zu übernehmen.

Allah, der Erhabene, sagt in seinem edlen Qurʾan:

„Die Männer stehen in Verantwortung für die Frauen wegen dessen, womit Allah die einen von ihnen vor den anderen ausgezeichnet hat, und weil sie von ihrem Besitz (für sie) ausgeben.“
(An-Nisa 4:34)

Al-Qurtubi erklärt hierzu:

„Das Wort des Allmächtigen bedeutet: Die Männer versorgen und verteidigen die Frauen. Unter ihnen befinden sich Herrscher, Anführer und diejenigen, die siegen – dies trifft auf Frauen nicht zu.“
(Tafsir Al-Qurtubi, 5/168)

Ibn Kathir ergänzt:

„Der Mann ist der Vormund der Frau, ihr Oberhaupt, ihr Ältester und derjenige, der sie zurechtweist, wenn sie ausschweift. Männer wurden durch die Prophetenschaft und das Königtum ausgezeichnet, was Frauen nicht zuteil wurde.“
(Tafsir Ibn Kathir, 1/492)

Auch aus der Sunnah des Propheten Muhammad ﷺ gehen eindeutige Belege hervor.

So wird von Abu Bakr رضي الله عنه berichtet, dass der Gesandte Allahs ﷺ, als er erfuhr, dass das Volk Persiens die Tochter von Kisra zur Herrscherin gemacht hatte, sagte:

„Ein Volk, das eine Frau mit seinen Angelegenheiten betraut, wird keinen Erfolg haben.“
(Überliefert bei Al-Bukhari, Hadith 4163)

Diese Aussage des Propheten ﷺ wurde von zahlreichen Gelehrten als fundamentaler Beweis dafür angeführt, dass Frauen keine Führungspositionen in öffentlichen Ämtern, einschließlich des Richteramts, übernehmen dürfen.


Der Gelehrte Al-Shawkani (möge Allah ihm gnädig sein) erklärte in Nayl al-Awtar (8/305):

„Dieser Hadith zeigt, dass Frauen nicht für Führungspositionen geeignet sind und dass es einer Gemeinschaft nicht erlaubt ist, eine Frau in eine solche Position zu berufen, da dies ihren Misserfolg zur Folge hätte.“

Der bekannte Rechtsgelehrte Al-Mawardi (möge Allah ihm gnädig sein) äußerte sich in seinem Werk Al-Ahkam Al-Sultaniyyah zum Thema Ministerämter und betonte:

„Es ist einer Frau nicht gestattet, eine solche Position einzunehmen. Dies basiert auf den Worten des Propheten ﷺ: ‚Ein Volk, das seine Angelegenheiten einer Frau überlässt, wird keinen Erfolg haben.‘
Diese Positionen erfordern Meinungsbildung, Entscheidungsstärke und eine öffentliche Präsenz, was Frauen aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit nicht in ausreichendem Maße besitzen. Zudem ist es Frauen untersagt, sich in solchen Angelegenheiten öffentlich zu engagieren.“

(Al-Ahkam Al-Sultaniyyah, S. 46)

Auch der angesehene Gelehrte Ibn Hazm (möge Allah ihm gnädig sein) äußerte sich in seinem Werk Al-Fasl fi Al-Milal wa Al-Ahwaʾ wa Al-Nihal zur Frage des Kalifats:

„Es besteht unter den Gelehrten kein Meinungsunterschied darüber, dass das Kalifat für Frauen nicht zulässig ist.“
(4/129)

Die Meusuaʿah Fiqhiyyah (21/270) unterstreicht diesen Konsens:

„Die Gelehrten sind sich einig, dass eine der Grundvoraussetzungen für das Amt des Großimam (Kalifen) die Männlichkeit ist. Daher ist die Herrschaft einer Frau in einer solchen Position ungültig. Diese Regelung basiert auf dem Hadith des Propheten ﷺ: ‚Ein Volk, das seine Angelegenheiten einer Frau überlässt, wird keinen Erfolg haben.‘ – Zudem erfordert eine Führungsposition den Umgang mit Männern sowie die vollständige Hingabe an die Verwaltung und Führung der Gemeinschaft, was mit schweren Pflichten verbunden ist, die besser von Männern übernommen werden können.“


Auch die Stellungnahmen der zeitgenössischen Gelehrten zeigen diese Ansicht.

Der verstorbene Scheikh Abdul Aziz bin Baz (möge Allah ihm gnädig sein) wurde gefragt, ob Frauen sich für das Amt des Staatsoberhaupts, der Regierungschefin oder Ministerin bewerben dürften. Seine Antwort war eindeutig:

„Die Wahl einer Frau zur allgemeinen Führung der Muslime ist nicht erlaubt. Dies wird durch den Qurʾan, die Sunnah und den Konsens der Gelehrten belegt.“
(zitiert aus: Magazin Al-Mudschtemiʿ, Ausgabe 890)

Er führte weiter aus:

„Allah sagt: ,Die Männer stehen den Frauen in Verantwortung vor, weil Allah die einen vor den anderen ausgezeichnet hat.‘ (An-Nisa 4:34) – Dieses Urteil umfasst sowohl die Vormundschaft des Mannes innerhalb der Familie als auch seine Führungsrolle in der allgemeinen Regierung. Dies basiert auf der Begründung im Vers, nämlich der Überlegenheit in Bezug auf Verstand, Meinung und Qualifikationen, die für Führung und Regierung erforderlich sind.“

Scheikh Ibn Baz kommentierte zudem die abweichende Meinung von Imam Al-Ghazali, der Frauen in bestimmten Fällen das Richteramt zugestand:

„Dies ist eine schwache Meinung. Die Mehrheit der Gelehrten ist der Auffassung, dass Frauen nicht als Richterinnen tätig sein dürfen. Es gibt Positionen, die ihnen angemessen sind, wie die Leitung einer Schule, eine Professur oder eine Leitungsfunktion im medizinischen Bereich. Das Richteramt hingegen ist ausschließlich den Männern vorbehalten.“

Auch Scheikh Uthman Al-Khamis betonte:

„Der Grundsatz ist, dass sowohl der Wali al-Amr (Herrscher) als auch der Qadi (Richter) männlich sein müssen. Frauen wird dies nicht gestattet, da ihre Zeugenaussage in vielen Fällen nur halb so viel wiegt wie die eines Mannes. In strafrechtlichen Angelegenheiten wird ihre Aussage überhaupt nicht anerkannt.
Dies ist nicht darauf zurückzuführen, dass Frauen einen geringeren Wert haben, sondern darauf, dass ihre Emotionalität sie in solchen Angelegenheiten stark beeinflussen kann. Wenn eine Frau in Strafsachen nicht als Zeugin anerkannt wird, wie kann sie dann selbst als Richterin agieren?“


Abweichende Meinungen und ihre Bewertung:

Einige wenige Gelehrte, darunter Abu Hanifa, gestatteten Frauen das Richten in finanziellen Angelegenheiten, jedoch nicht in Strafsachen.

Ibn Jarir At-Tabari und einige andere Gelehrte gingen sogar so weit, Frauen grundsätzlich für das Richteramt zuzulassen.

Jedoch widersprach Ibn al-ʿArabi in seinem Werk Ahkam al-Qurʾan dieser Auffassung und erklärte:

„Die Überlieferung von Ibn Jarir At-Tabari ist ungenau. Abu Hanifa meinte vielmehr, dass eine Frau nur in den Fällen urteilen kann, in denen sie auch als Zeugin auftreten darf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie ein offizielles Richteramt bekleiden kann.“


Daraus lässt sich Folgendes schlussfolgern:

Die Mehrheit der Gelehrten – darunter die malikitische, schafiitische und hanbalitische Rechtsschule sowie zahlreiche Hadith-Gelehrte – lehnt das Richteramt für Frauen ab und stützt ihre Position auf folgende Hauptargumente:

  1. Kein bekanntes Beispiel aus authentischen Quellen:
    Weder der Prophet ﷺ noch die rechtgeleiteten Kalifen setzten Frauen in Führungspositionen ein, obwohl sie mehrfach Männer für verschiedene Ämter auswählten.
  2. Hierarchische Ordnung:
    Der Qur’an legt fest, dass Männer die Verantwortung für Frauen tragen (An-Nisa 4:34). Dies wird als allgemeines Prinzip für Führungsrollen interpretiert.
  3. Eindeutige Ahadith:
    Der Hadith von Abu Bakr (radiAllahu ʿanhu) belegt, dass ein Volk, das eine Frau in eine Führungsrolle beruft, keinen Erfolg haben wird.
  4. Zeugenaussage von Frauen:
    In der islamischen Rechtsprechung gilt die Zeugenaussage einer Frau in bestimmten Angelegenheiten nur zur Hälfte, in Strafsachen gar nicht. Wenn eine Frau nicht einmal als vollwertige Zeugin auftreten kann, kann sie erst recht keine Urteile fällen.
  5. Ijmāʿ (Konsens der Gelehrten):
    Es gibt einen breiten Konsens unter den Gelehrten darüber, dass Frauen keine Führungspositionen, insbesondere das Richteramt, bekleiden dürfen.

Basierend auf den Beweisen aus dem Qur’an, der Sunnah und dem Konsens der islamischen Gelehrten ist das Urteil eindeutig: Frauen dürfen keine Richterinnen sein.
Die wenigen abweichenden Meinungen, die diese Ansicht befürworten, wurden durch fundierte Gegenargumente der Mehrheit der Gelehrten widerlegt.
Insbesondere die Aussagen des Propheten ﷺ, die Rechtsmeinungen angesehener Gelehrter wie Al-Qurtubi, Ibn Kathir, Ibn Hazm, Ibn Taymiyya sowie der Konsens der islamischen Rechtsschulen bestätigen, dass das Richteramt Männern vorbehalten bleibt.


Und Allah weiß es am besten.